Reichhartschacht
Geologischer und historischer Überblickvon Berthold Weber
Die Bezeichnung "Wölsendorfer Flußspatrevier" steht für ein etwa 15 km langes und etwa 8 km
breites Gebiet am Westrand der moldanubischen Böhmischen Masse, das von etwa hundert
mehr oder minder mächtigen Gängen, vorwiegend mit Flußspat-, Baryt und Quarzführung
durchschwärmt wird. Lediglich 30 dieser Gänge hatten eine größere wirtschaftliche Bedeutung.
Die Mächtigkeit der Gänge schwankt in weiten Grenzen von wenigen cm bis mehreren Metern,
wobei sich selbst ein mächtiger Gang stellenweise soweit einschnüren kann, daß er über
nur noch als schmale Lettenkluft zu verfolgen ist, um wenige Meter weiter bereits wieder
an Mächtigkeit zu gewinnen. Diese Unstetigkeit führte bei den Bergleuten zu dem oft zitierten
Satz "Der Spat ist ein Lump". Die Gangmächtigkeit weist an Gangscharungen Maxima mit 6-, 8-,
ja sogar 12 Metern auf (z.b. Grube Marienschacht oder Cäcilia). Bergbaulich war weniger die
Gangmächtigkeit als vielmehr die Spatmächtigkeit von Interesse. Die Spatmächtigkeiten (Fluß-
und Schwerspat)liegen dabei im Durchschnitt um 20 bis 40 % niedriger als die Gangmächtigkeiten.
Die Haupt-Streichrichtung der Gänge verläuft etwa NW-SO, jedoch sind auch bauwürdige N-S
streichende Gänge (z.B. Hermine-Gang) mit bedeutenden Mächtigkeiten bekannt geworden.
Einzelne Spatgänge wurden bis 300 Meter Teufe bergmännisch erschlossen und sind im Streichen
auf eine Länge von bis zu 4000 Meter zu verfolgen.
Das Revier weist sowohl einen horizontale als auch vertikale Mineralzonierung auf, wobei
sich im Zentrum des Revieres die "dunklen" Gänge mit Uranmineralisationen und Stinkspat
(ein radioaktiv veränderter Flußspat), im Randbereich die hellen Flußspatgänge oder reine
Barytgänge finden. Die Mehrzahl der Gänge liegen in einem meistens rötlich gefärbten fein bis
grobkörnigen Granit. Dieser Granit ist meistens frisch und weist nur im unmittelbaren Kontakt
mit dem Flußspat farbliche und stoffliche Umwandlungen auf.
Breccienartig in den Flußspatgängen eingeschlossene Granitbruchstücke sind von vielen
Gängen bekannt, teilweise macht der Nebengesteinsanteil dabei bis zu 20 % der Gangmasse aus.
An der Grenze Granit/Gneis verlieren selbst bedeutende Gänge zum Gneis hin schnell an Mächtigkeit
oder fallen sogar ganz aus.
Die Füllungen der Wölsendorfer Mineralgänge bestehen in erster Linie aus Fluorit, Baryt und
Quarz, wobei als grober Mittelwert das Verhältnis von Flußspat zu Schwerspat 3 : 1 beträgt und
der Quarzanteil im Mittel 10% der Gangmasse bildet. Allerdings ändert sich die Mineral-
zusammensetzung der Gänge meistens im Meterbereich, sodaß örtlich sehr komplexe Mineral-
abfolgen entstehen können. Reine, über mehrere Dezimeter aushaltende Flußspatfüllungen stellen
dabei die Ausnahme dar.
Das ideale symmetrisch bilaterale Gangbild zeigt sich im Wölsendorfer Revier nur selten.
Da es während der Mineralisation zu intensiven tektonischen Bewegungen kam, durchsetzen häufig
jüngere Flußspat/Schwerspatgänge ältere Gänge. Allgemein ist das Idealbild mit den ältesten
Mineralisationen an den Salbändern und den jüngsten Abscheidungen in der Mitte bei kleineren Gängen
und Gängchen häufiger zu sehen als in den mächtigeren Gängen.
Geschichte des Reichhart - Schachtes
Um 1890 begann Wilhelm Reichhart in Freiung mit dem Flussspatbergbau. Das Vorkommen selbst
wurde beim Graben eines Brunnenschachtes in 6 m Tiefe entdeckt. Herr Reichhart teufte daraufhin
einen 40 m tiefen Schacht ab und fuhr die Lagerstätte im Streichen auf. Anstelle der
Handhaspelförderung setzte er später einen Pferdegöpel ein. Den geförderten Flussspat
transportierte er mit dem Pferdefuhrwerk zum Bahnhof Schwarzenfeld, von wo aus dieser vorwiegend
zu den Glashütten nach Böhmen verschickt wurde. 1921 stellte Georg Reichhart den Betrieb ein;
seitdem liegt das Bergwerk still.
Kurz vor Beendigung des Spatbergbaus der nahegelegenen Grube Cäcilia im Jahr 1973 wurde nochmals
in Erwägung gezogen, das 1921 stehengelassene Flußspatmittel im Bereich Reichhart - Schacht
abzubauen. Da es sich aber um lediglich 2000 Tonnen Rohspat handelte, wurde letzthin auf
den Abbau verzichtet. Herr Reichhart - der Sohn des Bergwerksbesitzers - erkannte jedoch bereits
zu dieser Zeit den hohen wissenschaftlichen und touristischen Wert des Flußspatmittels und
beschloss, ihn der Öffenlichkeit zugänglich zu machen.
Von 1974 bis 1980 baute Josef Reichhart den Schacht bis auf die 8 m-Sohle als Schaubergwerk aus.
Nach der Schliessung der Grube Hermine, des letzten Flussspatbergwerks im Nabburger Revier, wurde
1987 auch die Wasserhaltung eingestellt und das Grundwasser überflutete den Reichhart-Schacht.
Seitdem wieder gepumpt wurde, konnte Konrad Reichhart den Schacht in sechsjähriger Bauzeit
renovieren und auf 30 m Tiefe auch die zweite Sohle des Bergwerkes ausbauen, die im Mai 1996
für den Besucherverkehr freigegeben wurde. In einem weiteren Ausbauabschnitt wurde ein zweiter
Ausgang angelegt, der die Besucher die Strasse unterqueren und durch den benachbarten Gottes-Segen-Schacht
ans Tageslicht gelangen lässt. Die Eröffnung fand am 19. März 1999 statt.
Text & Bildquellen :
Berthold Weber / Weiden (Geologie, gekürzt) &  Besucherbergwerk
Reichhart - Schacht(Geschichte)